Auftragsstornierungen und Terminverschiebungen durch den Auftraggeber

Was sind meine Rechte und was muss ich beachten?
Der Auftrag ist bereits unter Dach und Fach, der Termin wurde entsprechend geblockt - und aus heiterem Himmel sagt der Auftraggeber den Auftrag nachträglich ab. Kann dies rechtens sein? Wie verhält es sich in einem solchen Fall mit dem vereinbarten Honorar des Freelancers? Was ist, wenn der Freelancer für den gecancelten Auftrag einen anderen lukrativen Auftrag absagen musste? Wie ist die Rechtslage, wenn der Auftrag zwar so gut wie sicher, aber noch nicht endgültig erteilt worden ist? Oder wie ist es, wenn der Auftrag zwar nicht abgesagt, der anvisierte Termin aber verschoben werden soll und sich kein zumutbarer Ausweichtermin finden lässt? All diese Szenarien wollen wir uns hier einmal näher ansehen.

1. Ein bereits erteilter Auftrag wird nachträglich gecancelt
Wurde ein Auftrag bereits verbindlich erteilt, sprich: wurde ein Auftragsverhältnis über eine Werk- oder eine Dienstleistung bereits verbindlich vereinbart, dann gilt erst einmal der Grundsatz: Vertrag ist Vertrag. Der Freelancer ist verpflichtet, die vereinbarte Leistung zu erbringen, der Auftraggeber ist im Gegenzug dazu verpflichtet, das vereinbarte Honorar zu zahlen. Vertrag ist zwar erst einmal Vertrag, aber dies bedeutet nicht unbedingt, dass der Auftraggeber sich nicht mehr vom Vertrag lossagen kann. Sowohl das Werkvertragsrecht als auch das Dienstvertragsrecht sehen bestimmte Kündigungsmöglichkeiten durch den Auftraggeber vor.

Zunächst einmal zum Dienstvertragsrecht: Bezieht sich der Auftrag auf die Erbringung einer Dienstleistung (beim Dienstvertrag ist kein bestimmtes Leistungsergebnis geschuldet, sondern die Dienstleistung als solche, z.B. Beratungsleistungen, Projektmanagement), so kann der Auftraggeber das Auftragsverhältnis unter Einhaltung bestimmter Fristen kündigen, sofern die Dauer des Auftragsverhältnisses unbestimmt und sich die Dauer auch nicht der Art oder dem Zweck der vereinbarten Dienstleistungen entnehmen lässt. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Freelancer Beratungsleistungen erbringen sollen, die nicht auf einen bestimmten Zeitraum oder auf ein bestimmtes Projekt beschränkt sind. Die Kündigungsfristen bei diesen zeitlich unbestimmten Auftragsverhältnissen hängen gemäß § 621 BGB davon ab, nach welchen Zeiträumen die Vergütung bemessen ist. Ist die Vergütung z.B. auf der Grundlage eines Tageshonorars bemessen, kann die Kündigung jeden Tag für den Ablauf des folgenden Tages erfolgen, bei monatlicher Vergütung zur Mitte des Monats für den Ablauf des Folgemonats. Anders sieht es bei Auftragsverhältnissen aus, die von vornherein zeitlich befristet oder auf eine einmalig zu erbringende Dienstleistung gerichtet sind, wie z.B. die Durchführung eines Workshops, der Auftritt eines Künstlers, die Buchung eines Fotografen für ein Fotoshooting, die redaktionelle Betreuung eines Magazins bis zum Redaktionsschluss etc. In all diesen Fällen ist das Auftragsverhältnis nicht kündbar, bzw. nicht ohne wichtigen Grund kündbar.

Eine Besonderheit ergibt sich bei Auftragsverhältnissen, bei denen die Art der Dienstleistung mit einer besonderen Vertrauensstellung verknüpft ist. Eine besondere Vertrauensstellung besteht dann, wenn die die Art der Leistung von der Person und ihrer Seriosität, und nicht allein von ihrer Sachkompetenz und Ausbildung abhängt. Eine besondere Vertrauensstellung genießen klassischerweise Ärzten, Rechtsanwälte oder Steuerberater, sie kommt aber auch bei künstlerischen Leistungen in Frage, bei denen es auf die "Handschrift" des Freelancers ankommt, oder bei anderen Leistungen, bei denen der Freelancer mit besonders in besonders sensiblen Bereichen eingesetzt wird. Auch die Tätigkeit eines Werbeberaters oder die Tätigkeit eines Managers für Künstler oder Stars gehört zum Kreis der Dienste höherer Art. Bei derartigen Aufträgen steht dem Auftraggeber nach § 627 BGB ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu. Der Grund für ein sofortiges Kündigungsrecht bei einer besonderen Vertrauensstellung ist der, dass der Auftraggeber nicht an eine Vertrauensperson gebunden sein soll, wenn die "Chemie nicht stimmt".

Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass der Auftraggeber einen Auftrag über eine zeitlich unbestimmte Dienstleistung relativ einfach innerhalb gewisser Fristen kündigen kann. Dienstleistungen, die innerhalb eines fixen Zeitrahmens erbracht werden sollen, oder die sich in einer einmaligen Dienstleitung erschöpfen, sind nicht vorzeitig kündbar. Bei Dienstleistungen, die mit einer besonderen Vertrauensstellung verbunden sind, ist das Auftragsverhältnis stets ohne Einhaltung einer Frist kündbar.

So weit so gut – aber was ist mit dem Geld?
Kündigt der Auftraggeber ein Auftragsverhältnis über eine Dienstleistung, so ist der Freelancer berechtigt, seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung zu verlangen. Das bedeutet: Der Freelancer kann ein anteiliges Honorar für bereits geleistete Arbeiten und für bereits getätigte Aufwendungen verlangen. Er hat jedoch keinen Anspruch auf die Vergütung derjenigen Leistungen, die zwar vereinbart waren, die er aber aufgrund der Kündigung nicht mehr erbracht hat. Dieses Ergebnis kann den Freelancer im Einzelfall wirtschaftlich sehr hart treffen, wenn er das vertraglich vereinbarte Honorar fest einkalkuliert und im Hinblick auf den Auftrag möglicherweise andere Aufträge abgesagt hat. Die einzige Möglichkeit, sich hiergegen abzusichern, ist eine individuelle vertragliche Vereinbarung mit dem Auftraggeber, durch die eine fristlose Kündigung ohne einen vom Freelancer zu vertretenden Grund, ausgeschlossen wird oder die Vereinbarung eines Mindesthonorars für den Fall einer solchen Kündigung.

Wie stellt sich diese Situation im Werkvertragsrecht dar?
Im Werksvertragsrecht (hier ist ein bestimmtes Leistungsergebnis geschuldet) sieht die Situation für den Freelancer etwas anders aus. Hier kann der Auftraggeber den Auftrag gemäß § 649 BGB jederzeit fristlos und ohne Angabe von Gründen kündigen. Allerdings hat er in diesem Fall nicht nur die bisher erbrachten Leistungen des Freelancers, sondern darüber hinaus die vereinbarte Vergütung zu zahlen, wobei aber wiederum ersparte Aufwendungen oder Honorare, die der Freelancer infolge der Kündigung anderweitig realisieren konnte, in Abzug zu bringen sind. Ersparte Aufwendungen sind solche Aufwendungen, die der Freelancer für die Durchführung des Auftrages eigentlich hätte leisten müssen, und die er auch in seinem Angebot kalkuliert hat, die aber durch die Kündigung obsolet geworden sind, z.B. Reise- und Hotelkosten, Materialkosten, Honorar für Subunternehmer. Honorare, die der Freelancer anderweitig erzielen konnte, sind solche Honorare, die der Freelancer durch einen alternativen Auftrag, den er infolge der nun frei gewordenen Kapazitäten annehmen konnte erzielt hat oder hätte erzielen können. Das Gesetz geht in § 649 BGB davon aus, dass dem Freelancer 100% für die bereits erbrachten Leistungen und 5% für die noch nicht erbrachten Leistungen zustehen. Sofern der Freelancer aber nachweisen kann, dass er keine Aufwendungen erspart und keine alternativen Honorare hätte erzielen können, steht ihm das gesamte Honorar zu.

2. Ein als sicher in Aussicht gestellter Auftrag wird doch nicht erteilt
Wenn ein Auftrag noch nicht erteilt worden ist, bestehen grundsätzlich keine wechselseitigen Verpflichtungen. Es ist kein Vertrag zustande gekommen, folglich muss der Freelancer keine Leistungen erbringen, der Auftraggeber muss kein Honorar zahlen. Dass ein Vertrag nicht zustande kommt ist. In Ausnahmefällen kann dem Freelancer jedoch ein Schadensersatzanspruch gegen den Auftraggeber zustehen, wenn dieser durch seinen "Fallrückzieher" eine Rücksichtnahmepflicht verletzt hat. Die Rücksichtnahmepflicht ist in § 241 Abs. 2 BGB geregelt und verpflichtet jeden Vertragspartner dazu, auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Vertragspartners Rücksicht zu nehmen.

Die Rücksichtnahmepflicht kann auch dadurch verletzt werden, dass eine bereits als sicher in Aussicht gestellte Auftragserteilung, auf die sich der Freelancer erkennbar verlassen und für die er bereits Dispositionen getroffen hat, ohne wichtigen Grund zurückgezogen wird. In diesem Fall steht dem Freelancer zwar kein Honoraranspruch zu, er kann aber eventuelle Schäden oder frustrierte Aufwendungen, die er im Vertrauen auf das Zustandekommen des Auftrags getätigt hat, erstattet verlangen. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Freelancer einen anderen Auftrag abgesagt hat, oder wenn er bereits in Vorleistung gegangen ist. Der Grundsatz im Falle eines nicht erteilten Auftrages ist jedoch, dass der anvisierte Auftraggeber nicht dazu verpflichtet ist, einen Auftrag zu erteilen und der Freelancer einen nicht erteilten Auftrag als allgemeines Geschäftsrisiko hinnehmen muss. Nur in dem engen Ausnahmefall, dass der Freelancer berechtigter Weise auf die Auftragserteilung vertrauen durfte und der Auftraggeber dieses Vertrauen grundlos verletzt hat, kann von einer Verletzung der Rücksichtnahmepflichten die Rede sein.

3. Der anvisierte Termin wird vom Auftraggeber verschoben
Ein anderes Problem betrifft die Verschiebung von vereinbarten Terminen. Dieser Punkt kann relevant sein, wenn die Leistungen des Freelancers an bestimmte Ereignisse in der Sphäre des Auftraggebers gebunden sind, z.B. Fotoshootings, Filmaufnahmen, Events etc. Hier stellt sich die Frage, ob der Auftraggeber Termine einseitig ohne wichtigen Grund verschieben darf, so dass der Freelancer etwaige Terminkollisionen hinnehmen und Kosten für eventuelle Dispositionen, wie z.B. Flugtickets, Miete für Equipment u.ä. selbst tragen muss. Die Beantwortung dieser Frage hängt in erster Linie von der konkreten Vereinbarung ab, die Parteien getroffen haben. War der Termin bereits verbindlich vereinbart, z.B. im Auftrag, oder nachträglich durch Terminabsprachen, so ist der Auftraggeber an diesen Termin genauso gebunden wie der Freelancer auch. Sagt er den Termin ab, gerät er in Annahmeverzug.

Sofern die Vertragsparteien sich auf keinen Ausweichtermin einigen können, ist der Freelancer in diesem Fall nach § 615 BGB berechtigt, das vereinbarte Honorar zu verlangen. Auch hier muss er sich jedoch anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung an Aufwendungen erspart hat oder welche Honorare er durch anderweite Aufträge erzielen konnte oder hätte erzielen können. Eine Besonderheit kann sich auch hier wieder ergeben, wenn der Auftrag auf eine Dienstleistung mit einer besonderen Vertrauensstellung betrifft. Hier wäre eine Kündigung jederzeit möglich, und der Auftraggeber muss nur bereits erbrachte Leistungen bezahlen oder bereits getätigte Aufwendungen erstatten. Auch in Punkto Terminabstimmung kann eine vertragliche Regelung sinnvoll sein, unter welchen Voraussetzungen ein anvisierter Termin für beide Parteien verbindlich sein soll und wie die Parteien die Abstimmung von Ausweichterminen handhaben wollen.




© 2015 Katja Chudoba, Rechtsanwältin

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Offene E-Mail-Verteiler verstoßen gegen das Datenschutzgesetz - und können Bußgelder nach sich ziehen

E-Mail-Adressen werden häufig aus einer Kombination von Vor- und Nachname gebildet oder lassen sogar erkennen, bei welchem Unternehmen der Adressat tätig ist. Damit sind sie "personenbezogene Daten" im Sinne des Datenschutzrechts, und ihre Erhebung, Verarbeitung und Nutzung ist nur ausnahmsweise zulässig, wenn eine klare rechtliche Grundlage hierfür besteht oder der Betroffene ausdrücklich darin eingewilligt hat.

Wer nun eine E-Mail an eine Verteilerliste versendet und dabei sämtliche E-Mail-Adressen für alle Empfänger der Mail sichtbar ins Adressatenfeld einträgt, verstößt daher gegen das Datenschutzgesetz, denn die Übermittlung der fremden E-Mail-Adressen an Dritte stellt eine verbotene bzw. erlaubnisbedürftige Datenverarbeitung dar. Die Zustimmung jedes einzelnen Empfängers zur Speicherung und ggf. Nutzung seiner Daten, die er etwa durch das Abonnieren eines Newsletters oder die Angabe seiner E-Mail-Adresse im Rahmen eines Bestellvorgangs erteilt hat, beschränkt sich nur auf den jeweiligen Nutzungszweck. Die Mitteilung der Daten an Dritte ist davon nicht umfasst, denn es gehört zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des Persönlichkeitsrechts eines jeden, selbst zu entscheiden, wem er wann welche seiner persönlichen Daten zugänglich machen will. Und schon die Information, dass man zum Kundenstamm eines bestimmten Versandhauses oder zum E-Mail-Verteiler einer Partyreihe zählt, ist eine Information, die man möglicherweise nicht mit allen anderen Kunden und Newsletter-Abonnenten teilen möchte.

Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) hat daher kürzlich der Mitarbeiterin eines Handelsunternehmens ein Bußgeld auferlegt, der ein solcher faux-pas unterlaufen ist. Anstatt in das BCC-Feld hat sie sämtliche E-Mail-Adressen der Verteilerliste des Unternehmens in die Adressatenzeile kopiert, so dass alle Kunden neben der eigentlichen kurzen Nachricht, dass man sich zeitnah um ihre Anliegen kümmern werde, neuneinhalb Seiten voll fremder E-Mail-Adressen übersandt bekamen.

Das BayLDA hat darauf hingewiesen, dass der Umgang mit solchen personenbezogenen Daten in Unternehmen häufig zu lax ist und Mitarbeiter nicht ausreichend entsprechend der Datenschutzvorgaben angewiesen oder überwacht würden, weshalb man in einem vergleichbaren Fall nun ein Bußgeld statt gegen den konkreten Mitarbeiter gegen die Unternehmensleitung verhängen werde.

Übrigens: ab einer Anzahl von zehn Mitarbeitern, die ständig mit der Bearbeitung personenbezogener Daten mittels elektronischer Datenverarbeitung beschäftigt sind (z. B. im betriebseigenen Callcenter oder Kundenservice), benötigt jedes Unternehmen einen eigenen Datenschutzbeauftragten, der die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen koordiniert und überwacht und beispielsweise auch die Gewährung der Betroffenenrechte (Auskunft über gespeicherte Daten, ihre Korrektur, Sperrung oder Löschung) sicherstellt.

© 2013 Julia Schubert, Rechtsanwältin
Kanzlei Karsten & Chudoba


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